Smarte Software zur Verbindung von Informatik und Produktion

Vieles, was man heute unter „Industrie 4.0“ im Grossen und Ganzen versteht, wird bei der Innovative CAM AG seit Jahrzehnten schon gelebt, entwickelt und vertrieben mit Ausnahme von Cloud und ähnlichen Online-Diensten, die damals natürlich noch nicht zur Verfügung standen. Dabei ist auch der Name des Unternehmens durchaus Programm: „CAM“ steht bekanntermassen für „Computer Aided Manufacturing“ und genau diesem hat sich die Firma aus Nidau im Kanton Bern (Schweiz) auch seit jeher verschrieben. Im Fokus steht die Verbindung von Informatik und Produktion. Die Geschäftstätigkeit umfasst dabei heute drei Standbeine: SpaceClaim, Esprit und iCAMNet.

SpaceClaim von ANSYS ist ein vielseitiges 3D-Modelliertool, mit dem abteilungsübergreifend exakte 3D-Daten erstellt und bearbeitet werden können. Ein wesentlicher Vorteil dieser Software liegt in der Einfachheit der Bedienung, so dass auch Nicht-Experten mit kleinem Aufwand 3D-Modelle erstellen können. Esprit von DP Technology gilt in der Branche als weit verbreitete und gut etablierte CAM-Software, die das Programmieren jeglicher Werkzeugmaschinen ermöglicht; dies umfasst die Programmierung für 2 bis 5-achsiges Fräsen und Bohren, 2 bis 22-achsiges Drehen, 2 bis 5-achsiges Drahterodieren sowie Multitasking Mill-Turn Maschinen mit und ohne B-Achse. 

Kombiniert ergeben diese beiden Standbeine rund 50% des Umsatzes. Die Innovative CAM AG agiert hierbei jeweils als Reseller, bietet Support sowie Schulungen an. Mit dem jahrelang aufgebauten und fundierten Wissen wundert es nicht, das man in rund 20 Jahren sieben Mal die weltweit höchsten Verkaufszahlen des Programms Esprit erreichen konnte – und das im eher kleinen Schweizer Markt! 

Die andere Hälfte des Umsatzes wird durch das dritte Standbein erwirtschaftet: iCAMNet. Diese Software kam 2010 auf den Markt, wurde durch die Innovative CAM AG selbst entwickelt und bringt dabei alle in einer Produktion anfallenden Dienstleistungen auf einen Nenner. iCAMNet beinhaltet unter anderem DNCNet, welches zum einen automatisch NC-Programme auf Änderungen überprüft, und zum anderen alle teilerelevanten Dokumente verwaltet und sichert. Die Folgen sind eine Vereinfachung der Arbeit sowie eine Reduktion des Ausschusses. Auch werden alle Transaktionen und Veränderungen geloggt, was eine lückenlose Rückverfolgbarkeit sicherstellt. Es handelt sich bei iCAMNet somit um ein ganzheitliches Instrument zur Erfassung der Gesamtanlageneffektivität, welches sich noch dazu herstellerübergreifend und über mehrere Generationen von CNC-Maschinen (mit und ohne PC) einsetzen lässt. 

Die Anfänge dieser Werkstattüberwachung können somit als eine „frühe Version von Industrie 4.0“ bezeichnet werden. Heutzutage stehen selbstverständlich auch Cloud-Lösungen zur Verfügung. Dazu Daniel Vez, Geschäftsführer von Innovative CAM AG: „Eine Internet-Anbindung wurde in der Branche lange Zeit gefordert. Wir beobachten aktuell aber eher eine Kehrtwende: viele unserer Kunden möchten ihre Maschinen aus Sicherheitsgründen explizit nicht mit dem Internet verbinden.“ Die Maschinen sind somit nicht direkt mit dem Internet verbunden, kommunizieren aber mit einem dedizierten Server, welcher über eine Internetanbindung verfügen kann, aber natürlich nicht muss je nach Konfiguration und Kundenwunsch. 

In der Werkstattüberwachung werden all jene Maschinendaten und Zustände erfasst, die für den jeweiligen Kunden von Bedeutung sind. Es ist somit live – oder später in Berichtform ersichtlich, wie die einzelnen Maschinen performen. Nachfolgend einige wenige Auswertungsbeispiele. Die Liste liesse sich natürlich noch ausgiebig erweitern:

  • Welche Maschine produziert welches Werkstück?
  • Welches Werkzeug wird ggf. demnächst stumpf und muss ersetzt oder nachgeschliffen werden? 
  • Welche Maschine steht still - und wieso (Fehler, Wartung, kein Material, Türen offen, …)?
  • Welche Charge ist in Bearbeitung (Rückverfolgbarkeit, z.B. für die Medizinbranche)?
  • Wie lange stand Maschine XYZ still, im Vergleich zu den anderen Maschinen?
  • Wie performen die einzelnen Schichten, gibt es z.B. Unterschiede Tag/Nacht?

In folgenden Fällen bietet iCAMNet Hersteller- und Generationenübergreifende Vorteile:

  • Ein Maschinenpark besteht aus digital- und analog-gesteuerten CNC-Maschinen. Durch ein eigens entwickeltes Terminal können auch analoge Maschinen in iCAMNet integriert und zusammen mit den neueren Maschinen in einer Werkstattüberwachung ausgewertet werden.
  • Ein Maschinenpark besteht aus Maschinen von diversen Herstellern. Als Plattform-unabhängiger Anbieter können über vordefinierte Schnittstellen die Maschinen mit iCAMNet verbunden werden, was eine homogene Überwachung ermöglicht.

Das Ziel liegt klar auf der Hand: die Optimierung sämtlicher Werkstattabläufe. Hierfür stehen unter anderem auch Schnittstellen zu ERP-Systemen, wie bspw. SAP, sowie Alarmierungsmöglichkeiten (SMS, E-Mail etc.) zur Verfügung. 

Die erste Zusammenarbeit zwischen Innovative CAM AG und NUM AG liegt etwa 20 Jahre zurück und umfasste die Zusammenarbeit an einer Transfermaschine. Herr Vez erinnert sich: „Die Zusammenarbeit war schon damals sehr angenehm. Hatte man beispielsweise ein Problem oder eine Frage zur Steuerung NUM 760, so erhielt man rasch und unkompliziert Hilfe über den Service von NUM.“ Für einen Schweizer Kunden durften die beiden Unternehmen nun zusammen eine massgeschneiderte Lösung erarbeiten, auf der iCAMNet in das HMI von Flexium+ integriert wurde. Ein Paradebeispiel für den Nutzen eines adaptierbaren, offenen Systems, wie NUM es bietet.

Die Innovative CAM AG entstand im April 1991 aus einer Abspaltung vom Bieler Maschinenhersteller Mikron, welche die Sparte „Software Engineering“ aufgab (Mikron ging später in der Georg Fischer AG auf). Das Team um Geschäftsführer Daniel Vez besteht heute aus 15 Mitarbeitern an drei Standorten. Der Hauptsitz liegt dabei in Nidau bei Biel. Letzteres zählt neben Le Locle, Grenchen und La Chaux-de-Fonds zu den wichtigsten Orten der Schweizer Uhrenindustrie. Mit dieser erwirtschaftet die Innovative CAM AG dann auch rund 40 Prozent ihres Umsatzes. Daneben gehören diverse namhafte Firmen der Maschinenindustrie und Medizinaltechnik zum internationalen Kundenstamm. 

Unter dem Motto „Mechanische Vorzeigewerkstatt von der Basisausbildung bis zur Applikation von Industrie 4.0“ starteten die Innovative CAM AG und die Swissmechanic Training AG 2017 eine Zusammenarbeit. Ziele sind die fokussierte Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern und Fachkräften sowie die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Branche unter gegebenen, währungsbedingt erschwerten Bedingungen. 

(September 2019)